Die Entscheidung für ein regenfestes Elektrofahrzeug (ich sage bewusst nicht "Auto") ist durch. Ich habe einen CityEL gekauft. Weshalb gerade dieses Fahrzeug?
1. Es erfüllt die Rahmenbedingung, dass es neben den Motorrädern noch in die Garage passt, was die Voraussetzung für das Laden zuhause ist.
2. Es ist bezahlbar. Ich werde das E-Fahrzeug kurzfristig nicht als vollständigen Ersatz für den Verbrenner nutzen können. Ab und zu muss ich spontan doch mal nach Ulm, ab und zu stehen auch mal weitere Reisen an. Für den alltäglichen "Rest" (Ziel: >11.000km, siehe Post vom 13.11.16), sollte der CityEL aber reichen.
3. Das Fahrzeug wurde in einer Manufaktur hergestellt. Die Technik ist noch vergleichsweise einfach aufgebaut, so dass ich sie verstehen, selbst reparieren und warten können sollte. Die Komponenten sind gut zu bekommen, weil ca. 5500 Fahrzeuge gebaut und verkauft wurden. Auf der Webseite elweb.de gibt es viele EL-Fahrer, manche mit 50-70.000 km, einer sogar mit 97.000 km. Das zeigt, man kann so ein Fahrzeug lange fahren. Und es gibt schon allerhand Erfahrung und (hoffentlich) immer jemanden, der eine Antwort auf ein auftretendes Problem hat.
4. Der Energieverbrauch ist phänomenal niedrig. 5kWh/100km schafft sonst kein Fahrzeug. Selbst die Bahn schafft unter günstigen Bedingungen nicht weniger als 10kWh/100km pro Person (im Nahverkehr sind es sogar 28kWh/100km).
5. Die Ladeleistung ist niedrig, so dass ich meine Garagenverkabelung nicht zu arg stressen muss. Trotzdem kann ich mit 3 h Ladung 100 km Reichweite bekommen.
6. Es ist ein Gebrauchtfahrzeug. Baujahr 2008, also 8 Jahre alt, Fahrleistung knappe 8.000 km, frisch gewartet und geTÜVt vom Hersteller.
Ok, es gibt auch Nachteile.
1. Die Geschwindigkeit ist begrenzt, 57 oder 63 km/h. Das ist aber Teil des Konzepts und für das Pendeln kein allzu großer Nachteil. Die Zeit die ich länger ins Büro brauche, schätze ich auf ca. 5 min.
2. Die Sicherheit ist nicht die eines modernen PKWs. Ja, das ist so. Ich habe tatsächlich noch ein Video von einem Crashtest gefunden. Das Crashverhalten wurde 2002 getestet und sei mit einem damaligen Kleinwagen vergleichbar. Aber es ist klar, dass so ein leichtes Fahrzeug nicht mit einem heutigen SUV-Panzer mithalten kann. Ich hoffe, dass die niedrige Geschwindigkeit und meine zurückhaltende Fahrweise dazu beiträgt, dass kein Unfall geschieht.
3. Das Design ist aus den 80ern. Das Fahrzeug schaut halt nicht wirklich nett aus. Aber was soll's. Das ist der Preis für eine gut abgehangene, bewährte Technik.
Ich werde vermutlich Anfang Dezember das Fahrzeug geliefert bekommen. Mit Sitzheizung, Batterieheizung, einer 2-stufigen Lademöglichkeit (1kW/2kW), verbesserter Federung und neuen LiFePO-Akkus mit BMS.
Solche einzelnen Zellen sind quasi ein Standard für Elektrofahrzeuge in Kleinserie. Sie wurden u. a. hier und hier ausgiebig getestet - mit positivem Ergebnis. Ich bin mal gespannt, wie das im Winter sein wird. Die Geschwindigkeit wird wohl nachlassen (wg. der sinkenden Spannung), die Reichweite (Kapazität) knickt wohl weniger ein: Bei -20° um 12% bis 30%. Aber selbst im ungünstigsten Fall sollte ich meine 57 km Pendelstrecke ohne Nachladen schaffen.
Bei normalen Temperaturen (20°) scheinen sich mit 100 Ah Reichweiten von 100 km ganz gut realisieren zu lassen. Es gibt sogar Fahrer, die das mit 0.75 Ah/km (ca. 3.75 kWh/100km -> 130 km Reichweite) unterbieten. Deshalb habe ich die 100 Ah und nicht die 144 Ah Akkugröße gewählt.
Das BMS des CityEL ist dieses hier (Quelle: boostech.de):
Darüber wird die Lade- und Entladeschlussspannung sowie das Balancing der Zellen organisiert. Das ist übrigens der Vorteil des CityELs, solche Infos würde ich beim Smart (der rationalen Alternative zum EL) nicht auftreiben können, weil es keine Bastel-Community für den Smart gibt. Industrielle Autoproduktion vs. Manufaktur eben.
Die LED-Kette kann man auch auf Stromanzeige umstellen, dann entspricht 1 LED 10A. Um die prognostizierte Reichweite zu erreichen, heißt es als Daumenregel für den Strom
1. beim Anfahren nicht mehr als 70 A und
2. in der Ebene nicht mehr Ampere wie km/h.
Mal sehen was die Praxis zu diesen theoretischen Überlegungen sagt. Ich freu mich, wenn das Gerät vor der Tür, nein, in der Garage steht. :-)
Der frühere Hersteller und Anbieter der Fahrzeuge, Karl Nestmeier, war und ist in meinen Augen eigentlich auf der richtigen Spur: Elektrische Fahrzeuge müssen leicht und energieeffizient sein. Ein interessantes Interview mit ihm findet sich hier bei auto, motor, sport. Leider geht der Trend in eine andere Richtung. Der Verzicht, der in einem Fahrzeugkonzept wie dem CityEL dazu gehört, wird vom Markt nicht angenommen. Die Fahrzeuge verkauften und verkaufen sich nicht gut, der Hersteller ging insolvent. Schwere, leistungsfähige Fahrzeuge wie der Tesla sind sexy. Dessen 2.2t Fahrzeuggewicht und die zugehörige Leistung fordern auch ihren Tribut: 22 kWh/100 km sind für ein Fahrzeug dieser Klasse phänomenal niedrig, sehen absolut aber gegenüber den 5 kWh/100km des EL nicht mehr ganz so gut aus. Ja, ich weiß, man kann die Fahrzeuge nicht miteinander vergleichen. Aber wenn ich nur den Energieeinsatz betrachte um beim Pendeln von A nach B zu kommen, warum sollte dieser Verbrauchs-Vergleich eigentlich nicht statthaft sein?
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