Ein paar Tage Resturlaub, mein Brompton-Faltrad und eine trockene Wetterprognose für Italien, was heißt das? In den Zug schwingen, nach Neapel fahren und ein Stückchen Italien erkunden.
Also fahre ich von Wasserburg nach München und steige in den Zug nach Bologna. Der ist von der ÖBB und mit massig Platz ausgestattet. Eine sehr entspannte Fahrt durch Oberbayern, Tirol und über den Brenner nach Norditalien.
In Bologna wird es dann eng. Sehr eng. Alle Plätze ausgebucht. Für mein Brommi finde ich zum Glück noch Platz im Gepäckregal, im Abteil hätte ich es nicht mehr unterbekommen. In Rom muss ich mich sputen den Anschluss nach Neapel zu bekommen, die Gleise sind ziemlich weit weg und ich hechte mit dem Brommi unter dem einen und meiner Gepäcktasche unter dem anderen Arm durch den Bahnhof. Aber ich schaffe es und pünktlich um komme ich dann in Neapel an. 12 h von Wasserburg nach Neapel.
In Neapel lerne ich sehr schnell, dass Verkehr hier eher anarchisch funktioniert. Selbst Staatsbedienstete wie die Guardia di Finanza scheren sich nicht um die Verkehrsregeln. Trotzdem komme ich mit dem zügigen aber nicht aggressiven Verkehrsfluss dort besser zurecht als in Deutschland. Man muss sich halt daran gewöhnen, dass in dem Gewusel in jedem freien Zentimeter sich ein Roller oder Fußgänger durchquetscht, aber das ist aktzeptiert und entspannt. Also alles kein Problem. Neapel gefällt mir gut, es fühlt sich für mich sehr italienisch an, mehr als einige Tage später Rom. Pompeji ist beeindruckend. 2000 Jahre alte Gemäuer, 2000 Jahre alte Gemälde an den Wänden. Wahnsinn.
Nach einem Tag Neapel mache ich mich auf den Weg nach Rom. An der Küste entlang geht es über schlechte Straßen. Entweder Kopfsteinpflaster, teilweise mit 20cm tiefen Schlaglöchern und lose herumleigenden Pflastersteinen oder über mehrfach geflickte und wieder aufgebrochene Teeflecken. Sogar schlechter als unsere Radwege. Aber landschaftlich schön und eine Reise wert. Man merkt die Vorsaison sehr deutlich. In vielen Orten, die auf Feriengäste ausgerichtet sind, ist noch wenig los.
Als mir das Wasser ausgeht und ich in einem Supermarkt neues kaufen will, stelle ich fest, das diese geschlossen sind. Vielleicht liegt es am Mittwochnachmittag, vielleicht an der Mittagspause. Grummel. Aber: auf der gegenüberliegenden Straßenseite steht ein Wasser-Zapfautomat der Kommune. Dort kann ich meine Wasserflaschen für 50 Cent auffüllen. Kein Müll, sofort verfügbar. Gekühlt und mit Sprudel. Perfetto.
Der Mantel am Hinterrad hatte von den Streuorgien des Winters ein Loch. Ich hatte den Schlauch und den Mantel innen geflickt. Aber über die Zeit ist das Loch trotzdem gößer geworden und es hat sich eine immer größere Beule gebildet. Ich hoffe darauf, dass der Mantel bis nach Hause hält, damit ich dort vorne und hinten ein neues Set aufziehen kann. Contintenal Contact Urban, die sollen schnell und robust sein. Die beiden originalen Brompton-Reifen, die coh schon etwas abgefahren und durchlöchert sind, würde ich dann gemeinsam entsorgen.
Eine schöne Zwischenstation war Gaeta, das dortige Castello war beeindruckend schön gelegen, ein übervoller Zitronenbaum hat die Aussicht verschönert. Ein benachbarter Hügel hat - nach etwas mühsamen Anstieg - eine tolle Aussicht geboten. Anschließend habe ich mir ein schönes Frühstück gegönnt.
Am späteren Vormittag bin ich dann eine zeitlang zwei Radlern gefolgt. Das war ganz interessant, weil ich damit über Straßen geführt wurde, die sich eher als Schnellstraße und nicht für den Fahrradverkehr freigegeben angefühlt haben. Vielleicht waren sie das auch nicht, aber es hat niemanden gestört. So kam ich schnell voran, wenn auch nicht unbedingt auf schönen Strecken. Später bin ich dan auf einer Euro-Veloroute gefahren, die echt unangenehm war. Schnellstraße ohne Radweg. Zum Teil durch Tunnel. Mit viel Verkehr, auch LKW-Verkehr. Die Überholabstände waren dort unterirdisch. Als ich dieses Teilstück hinter mir lassen konnte war ich echt erleichtert.
Den Abend habe ich dann in einem für Touristen umgebauten Hof verbracht. Dort war noch "das deutsche" oder "das amerikanische" Zimmer frei. Ich bekam das deutsche. Puh. Munitionskisten und Landser-Bilder als Zimmerschmuck. Nicht das was ich mir gewünscht hätte. Aber sonst war der Aufenthalt schön und die Gastgeberin sehr freundlich. Die Tagesetappe war mit 130km recht ordentlich. Der Mantel meines Hinterrades hatte echte Beulenpest, es war klar, dass es bis nach Hause nicht mehr reichen würde. Zum Glück hatte ich einen faltbaren Ersatzmantel dabei (ich hatte noch überlegt, ob ich ihn überhaupt mitnehmen sollte, zum Glück ja).
Am nächsten Morgen habe ich dann einen neuen Mantel aufgezogen und bin zur Sommerresidenz des Papstes am Lago Albano geradelt. Von dort über die Via Appia nach Rom. Das waren bestimmt 20 km auf dieser historischen Straße. Zum Teil mit den originalen Pflastern mit 20-30 cm Größe, z. B. mit mehreren Zentimeter tiefen Spurrillen. Ich wurde ziemlich durchgeschüttelt. Klar, das Brommi hat keine Federung, aber immerhin Luftreifen. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie das auf Holzkarren mit Holzrädern zur Römerzeit war.
Rom selbst war mit Touristen ziemlich gespickt. Überall wimmelte es nur so von Menschen. Es war schön mit dem Rad durch die Stadt zu fahren und die verschiedenen Sehenswürdigkeiten zu sehen. Man bekommt viel mit, sehr viel mehr als mit einer Bus-Tour, die ich zur Abwechslung aber auch noch mitgemacht habe.
Zur Rückfahrt war ich dann eine halbe Stunde vor Abfahrt in der Früh am Bahnhof. Der Wagen war noch komplett leer als ich eingestiegen bin. Für mein Gepäck bekam ich prima Platz. Beim Umstieg in Bozen war der Zug schon recht voll, aber ich kam in einem 6er-Abteil unter und mein Brommi hatte Platz in der Gepäckablage.
Diese Art zu Reisen - mit dem Zug irgendwo hin, eine gewisse Strecke woanders hin zu radeln und von dort mit dem Zug wieder nach Hause - gefällt mir prima. Ich hoffe, dass ich noch mehr solcher Touren machen kann. Vielleicht sogar zusammen mit meiner Frau.
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